Katholische Stadtpfarrkirche „St. Martin, Gallus und Magnus“

BAUGESCHICHTE

Ihr Gepräge hat die Wangener Martinskirche – auch wenn sich die Baudaten bis jetzt nur ungefähr angeben lassen – wiederholt gewandelt. Vermutlich ist sie im Ganzen fünfmal vergrößert worden. Erst nach rund 650 Jahren – laut Inschrift am Westportal anno „1486“ - besaß das Gotteshaus seine endgültige Gestalt. Allerdings wurden die Seitenschiffe erst später vollends verbreitert. Aus einem kleinen Weilerheiligtum war eine dreischiffige Säulenbasilika geworden.

Der Urbau erhob sich wohl im vorderen Bereich des heutigen Mitelschiffs. Es könnte ein schlichter Rechtecksaal mit einem um eine oder mehrere Stufen erhöhten Quadratchor gewesen sein. Vielleicht war das wohl aus Argenkieseln gefügte Mauerwerk bereits damals beidseitig verputzt. Möglicherweise zeigten die getünchten Innenwände sogar farbige Ornamente. Der wohl aus Sandstein gehauene Blockaltar wies an seinen vier Ecken sicher Weihekreuzchen auf. Um ihn versammelten sich die Bewohner des ein paar hundert Meter weiter westlich gelegenen Klosterguts und umliegender Weiler an allen Sonn- und Feiertagen zum Gottesdienst. Auf den umgebenden Friedhof beerdigten sie ihre Verstorbenen.

Spätestens um die Jahrtausendwende muss der Sakralbau erweitert worden sein. Das Niederdorf „Uangun“ war inzwischen zum Mitelpunkt eines geschlossenen Herrschaftsgebiets geworden. Neben Bauern gab es hier nun auch Handwerker und Handelsleute. Vermutlich wurde deshalb zumindest das Langhaus  vergrößert und möglicherweise ostwärts ein Rechteckchor angefügt. Archäologisch ist darüber noch nichts bekannt.

Der zweite Umbau könnte um 1165 erfolgt sein. Das verkehrsgünstig gelegene Wangen war jetzt Marktort, und der vom Klostergut getrennte Gerichtsbezirk erstreckte sich zwischen dem heutigen Martinstor und der nunmehrigen Pfarrkirche. Der Sanktgaller Abt Wernher (1133-1167) hatte über Graf Rudolf von Pfullendorf (um 1130-1180) bei Kaiser Friedrich I. Barbarossa (1152-1190) das Marktrecht erworben. So erhielt das Gotteshaus nun – vielleicht unter dem 1182 bezugten Pfarrer Walther – ein spätromanische Gepräge. Die Breite der Saalkirche entsprach der  des heutigen Mittelschiffs (11,8 m). Sie besaß einen tiefer liegenden Estrich aus Kalkmörtel. Der eingezogenen Ostchor – übrigens genau in der Mittelachse des Langhauses – war rechteckig (8 x 7,5 m). Über der Grundmauer der Chorsüdwand muss im frühen 13. Jahrhundert der Turm erichtet worden sein.
Es ist möglich, dass die hochmittelalterliche Säulenbasilika , die sicher noch nicht ganz so lang war wie das heutige Mittelschiff (31,48 m), aber die gleiche Breite (11,8 m) und Höhe (12,23 m) besaß, erst um 1215 erstellt wurde. Damals liess der rührige Sanktgaller Abt Ulrich IV. (1204-1220), der 1213 auf dem Konstanzer Reichstag bei Friedrich II. für Wangen erste Stadtrechte erhalten hatte, die Oberstadt anlegen und sie durch Mauern und Tore schützen. Vielleicht wurde nun der Glockenturm, der bis zum zweiten Geschoss aus Findlingssteinen besteht, neu grundgelegt und emporgeführt. Als Hinweise darauf können nicht zuletzt der rundbogige Turmeingang, das hochmittelalterliche Kreuzgratgewölbe und die darüber liegende, aus romanischen Stilelementen gefügte Läutestube gelten. Von einem damaligen Reliquiar (um 1260), das wohl auf dem Altar stand, ist noch eine vergoldete Thronmadonna erhalten. 1928 gelang sie aus dem Besitz eines Kunstsammlers ins Ulmer Museum.

Er letzte große Umbau, bei dem die Pfarrkirche gotisiert wurde, begann gegen 1385 und endete 1468. Pfarrer Albert Lind ließ die Schiffwände abbrechen und auf ihren Kronen die Basisfundamente der heutigen Pfeiler setzen. Die Breite der angefügten Seitenschiffe entsprach der des Turms und der Sakristei. Der romanische Triumphboden wude spitzbogig erweitert und der Chorraum nordwärts verlängert. Hier fügte der bislang nicht namhaft gemachte Steinmetz zwischen die eingezogenen Strebepfeiler flache Blendnischen ein, die in Spitzbögen auslaufen. Das neu eingezogene Netzgewölbe, das auf kegelartig Konsolen gestellt wurde, erhielt Sandsteinrippen mit doppelt flach gekehlten Profilen. Die drei Schlusssteine schmückte der Baumeister mit dem Dreifaltigkeitssymbol und den Monogrammen Christi und Mariens. Dazu kam auf der Nordseite die wohl auch vom linken Seitenschiff her zugängliche, durch drei Rechteckfenster erhellte Alte Sakristei. Den
Abschluss bildete am 30.4. 1386 die Weihe eines wohl neuen Hochaltars. Der Konstanzer Bischofsvikar Heinrich IV. konsekrierte ihn am Weißen Sonntag zu Ehren der Heiligen Martin, Gallus und Christophorus.

Welche Schäden die Pfarrkirche beim Stadtbrand von 1406 erlitten hat, ist unbekannt. Da damals im Rathaus ein Großteil des Archivs den Flammen anheim fiel, könnte auch St. Martin in Mitleidenschaft gezogen worden sein.So dürfte im ausgehenden zweiten Jahrzehnt das Südschiff auf seine heutige Größe verbreitert worden sein. Denn auf einer seiner Granitsäulen, die auf hohen, vom Vier- zum Achteck verjüngten Sockeln ruhen, findet sich die Jahreszahl 1517.
Außerdem ist für den 16.101421 die Weihe eine neuen, wahrscheinlich noch verhältnismäßig schlichten Choraltars bezeugt. Denn 1462 ließ Johann Sunder (1449-1474), der schon 1389 der Gemeinde vorgestanden hatte, den Aufbau durch einen spätgotischen Heiligenschrein ersetzen. Das Nordschiff wurde erst später verbreitert.

Einziger Schmuck der Arkadenträger sind – jeweils spiegelverkehrt – unten und oben eine Oktogonkehle und ein Steinwulst. Die beiden ersten und letzten Rundsäulen wurden halbpfeilerartig in die Wand eingelassen. Die Leibungen der beiden Spitzbogenarkaden schrägte man ab. Das Mittelschiff und die Flachdecke erhielten ihr Licht durch 14 hochgotische Obergadenfester. Das Nordschiff musste aus bislang unbekanten Gründen schmäler gehalten werden. Erst 1843, als das Langhaus einen neuen Dachstuhl erhielt, wurde es ebenfalls verbreitert. So erklärt sich auch die Tatsache, dass die Achse des Hauptschiffs gegenüber dem Choraum leicht nach Süden verschoben ist.

Natürlich wurde in und an „St. Martin“ auch während der folgenden Jahrhunderte immer wieder gearbeitet. So erhielt der Kirchturm  (50,13 m), der wahscheinlich vor dem Glockenguss von 1485 ehöht, mit gotischen Schallfenstern und einem Spitzhelm versehen worden war, 1530 ein neues Ziegeldach. Die grün gestrichene, doppelt gekröpfte Viereckhaube, die heute das Stadtbild prägt, deckt ihn seit dem Blitzschlag vom 6.6.1739. Damals könnte an das Glockenhaus auch die barocke Südsakristei angebaut worden sein. Anno 1622 hatte die Rosenkranz-Bruderschaft wohl rechts vom Chorbogen den bei Hans Zürn D.J. In Buchhorn in Auftrag gegebene Marienaltar errichten können. 1684-1687 wurde
wie schon hundert Jahre zuvor, der Innenraum barockisiert. Pfarrer Franz Mauch (16.77-1694) ließ das westseitige Vorzeichen errichten, den frühbarocken Hochaltar von 1665 durch einen neuen Säulenaufbau in „riesigen Dimensionen“ mit reichem Zierrat ersetzen und die Obergadenwände mit üerlebensgroßen Apostelfiguren schmücken. Dazu kamen 1702 hochbarocke Seitenaltäre und 1777-1779 nun im Spätbarock aus aus Stuckmarmor – die heutigen Nebenaltäre samt der Kanzel.

Im 20. Jahrhundert schließlich erhielt die Stadtparrkirche ihr heutiges Aussehen. Pfarrer Hermann Schmid (1897-1915) versuchte dem Gottesaus sein gotisches Gepräge zurückzugeben. Daran erinnern insbesondere der Hochaltar, das Chorgestühl, die Beichtstühle
und die Bankdocken von 1901. Um dieselbe Zeit entstanden die Gemälde am Chorbogen und an der Flachdecke des Mittelschiffs. Die damaligen Dekorationsmalereien des Münchners Hans Martin (gest. 18.4.1919) wurden 1952 unter Parrer Anton Stegmann (1946-1958) anlässlich einer Innenrenvation entfernt. Dekan Franz Peter (1958-1975) ließ 1960 im Altarraum und 1964 an der Rückwand je zwei neue Buntglasfenster einsetzen. 1987 kam unter Pfarrer Wolfgang Schefold (1975-1987) anstelle der 1926 eingebauten und zuletzt 1963 überarbeiteten Orgel ein zeitgenössisches Pfeifeninstrument auf die Empore. Nach der Außenrenovation von 1970 wurde 1981-1982 auch der Innenraum restauriert. Der Volksaltar im Chorraum und der Ambo rechts über den Stufen schenkten dem Gotteshaus eine liturgische Mitte.

Aus der Broschüre „Wangen im Allgäu, Katholische Stadtpfarrkirche St. Martin, Gallus und Manus, Spitalkirche Heilig Geist, Rochuskapelle und St. Wolfgang“

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